Kurz gesagt ist Spider-Man 3 wie Pearl Harbor, abgesehen von den 90 Minuten Liebesfilm ganz okay. Der Unterschied ist lediglich, das Pearl Harbour ca. 45 Minuten länger ist als Spider-Man und somit der Action noch ausreichend Spielraum lässt.
Unter diesem mangelnden Spielraum leiden besonders die Bösewichte. Seit den ersten Batman und Superman-Filmen muss doch jedem Filmemacher klar sein, das Superheldenfilmen nur mit charismatischen, interessanten Bösewichten funktionieren. Davon gibt es bei Spider-Man 3 leider so gut wie keine. Das Motto war hier eindeutig Masse statt Klasse.
Der Sandmann(Thomas Haden Church) ist ein bemitleidenswerter Mann der lediglich auf die schiefe Bahn geraten ist um seiner Tochter das Leben zu retten. Somit hat man schon vor seiner Verwandlung zum Sandmann Mitleid mit ihm. Nur durch Zufall gerät er dann in ein Experiment hinein, das weiter zu erwähnen niemand für nötig hält, und verfolgt anschließend mit sandiger Macht seine heroischen Ziele weiter und erregt bei Spider-Man(Tobey Maguire) und beim Zuschauer mehr Mitleid als Abneigung.
Venom(Topher Grace) wirkt zwar durch und durch böse, seine Motivation besteht darin Spider-Man zu töten und er sieht auch Bösewicht-typisch hässlich aus. Leider hat er nur einen sehr kurzen Auftritt. Hoffnungen von ihm in diversen Fortsetzungen mehr zu sehen, werden am Ende auch zerschlagen.
Der dritte im Bunde, Harry Osborn(James Franco) ist der einzige Bösewicht der es schafft an Tiefgang und charakterlicher Größe in die Fußstapfen des grünen Kobolds, und damit seines eigenen Vaters zu treten. Er bietet Spider-Man ein paar actionreiche Kämpfe und ist ein interessanter Charakter. Nervig ist nur sein Hin- und Herwandern zwischen Peters bestem Freund und erbittertem Feind. Wozu wird ein Gedächtnisverlust konstruiert wenn er nur kurzfristig anhält?
Der gefährlichste Bösewicht ist Spider-Man selbst, wobei es versäumt wurde ihm in seinem schwarzen Anzug einen wirklich bösen Auftritt zu geben. Dies übernimmt sein Alter-Ego Peter Parker höchstpersönlich, denn die Charakterwandlung wirkt sich auch mit einem menschlichen Gewand über dem Black-Spidy-Kostüm aus.
Dies hat drei Schwächpunkte.
Zu einem gerät die Inszenierung hier ins Lächerliche. Peter Parker als Frauen nachschauenden, unschön frisierten Macho zu sehen ist stellenweise witzig, aber der Humor wirkt zu aufgesetzt, und es passt einfach nicht zu Magurie.
Zum anderen wird der Held dadurch zum Unsympath, was die Beziehung des Zuschauers zu ihm doch sehr auf die Probe stellt. Ich habe ihm am Ende nicht gegönnt das er das Mädchen wieder bekommen hat. Das fand ich auch unrealistisch, den Peter legt einen oberpeinlichen Macho-Auftritt in einer Kneipe hin nur um MJ(Kirsten Dunst) eifersüchtig zu machen, da würde wohl kaum eine Frau so schnell zu ihm zurückkommen.
Der dritte Schwachpunkt ist das Parkers „Arschloch-Phase“ nur die Spitze des Eisbergs ist, der einen Keil zwischen ihn und MJ treibt. Denn schon vorher erweißt er sich als egoistisch und wenig einfühlsam. Mary Jane entfernt sich schon vom „normalen“ Peter Parker vor seiner Machofizierung. Diese war somit unnötig um sie als Problemfaktor für die Beziehung zu missbrauchen.
Das Hauptaugenmerk der Geschichte liegt also auf Peter Parker / Spider-Man selbst, seinem Kampf mit sich und seiner Beziehung zu MJ. Wir erleben ein Paar zwischen Superheld und verzweifeltem Möchtegern-Star, zwischen Ikone und fallendem, frustriertem Starlet. Der Mann ist wie in jeder Beziehung natürlich der Böse, der in seiner eigenen Welt lebt und spürbar uninteressiert für die Gefühle seiner Freundin zeigt. Um dies dem Zuschauer klar zu machen, wechseln sich langatmige Schnulzenszenen mit gekünstelt komisch wirkend wollenden humoristischen Szenen ab.
Abwechslung ist hier sowieso ein zentrales Thema. Schnelle Schnitte zwischen den einzelnen Plots sorgen für ständige Abwechslung, schaffen es aber selten Zusammenhänge zwischen den einzelnen Geschichten zu schaffen. Wenn doch, dann meist unnötig, wie im Falle des Sandmann, der nun plötzlich Peters Onkel ermordet haben soll. Diesen Fall noch einmal aufzurollen ist ein klarer Beleg für den mangelnden Einfallsreichtum der Drehbuchschreiber.
Man musste irgendwie zeigen das Spider-Man nun böse ist, und pflanzt ihm Rachegelüste ein.
Vielleicht wurde der Mord auch nur eingebaut, um die Filmlänge mit Rückblenden künstlich zu verlängern, damit Tante May(Rosemary Harris) ein paar moralische Sprüche mehr auspacken kann, die moralische Keule wird wieder im Überfluss geschwungen. Dadurch distanziert sich der Film leider von dem was er ist, ein Unterhaltungsfilm, und nimmt sich selbst einfach zu ernst.
Diese ernsthafte Grundstimmung passt zur Melancholie der Liebe die den Film trägt. Nicht nur Inhalt, sondern auch Tempo des Films ist von der im Vordergrund stehenden Liebesgeschichte geprägt. Während dies zu Beginn noch ertragbar ist, fand ich es im weiteren Lauf schlichtweg langweilig. Viel Gerede über Liebe und Freundschaft, über Gefühle und Eheringe.
Währenddessen stehen die Bösewichte neben der Leinwand und versauern dort.
Schade dass bei Produktionsbeginn noch nicht klar war dass es eine Fortsetzung geben wird, dann hätte Spider-Mans Befreiung von seinem Parasiten ans Ende des Films stattfinden können, und man hätte Venom für den nächsten Teil aufsparen können. Aber Venom musste in diesem Teil schon einen schnellen Tod erleiden, damit wenigstens ein Bösewicht als solcher stirbt. Denn der Sandmann macht am Ende einen auf Mitleid, Peter verzeiht ihm den Mord an seinem Onkel und er darf sich verflüchtigen. Die Moral von der Geschichte: „Verzeiht einander und seit glücklich“. So verzeiht auch MJ ihrem Peter seine Arschloch-Viertelstunde und das rührselige Ende ist perfekt.
Da der ganze Film schon einen auf ernsthaften Herz-Schmerz-Film macht ist dieses Finale nicht weiter enttäuschend.
Für ein wenig Action sorgen die Bösewichte allerdings schon, leider ließ der Kameramann dabei wohl seinen Azubi ran. Einmal Wackelkamera bitte, kein Problem. Ansonsten probierte der Azubi ein wenig zu sehr den Zoom aus, den die Kamera springt von Nahaufnahme zu Nahaufnahme ohne dass der Zuschauer die Gesamtsituation des Kampfes erkennen kann.
Vielleicht wollten die Produzenten auch die Masken und Effekte leinwandfüllemd darstellen, um den Finanzierern des aktuell teuersten Films aller Zeiten zu zeigen wofür sie ihre 260 Mio. hier zum Fenster heraus geworfen haben. Traurig ist nur das er das locker einspielen wird, und ich habe auch noch dazu beigetragen.
Einen Großteil des Budgets verschluckte wohl die Mischung aus Mumie und KingKong, in die sich der Sandmann beim Endkampf verwandelt. Dies war ein weiterer Beleg für die Einfallslosigkeit der Drehbuchschreiber. Fällt denen nicht mal was anderes ein, außer das Spider-Man’s Freundin am Ende vom Bösewicht entführt und in Schwindel erregende Höhen gehängt wird, um ihn in eine Falle zu locken? Wenigstens ist dieser Endkampf ahnsehnlicher gefilmt als die übrigen Actionszenen. Positiv ist hierbei zu erwähnen, dass der vom außerirdischen Parasiten befallene Bösewicht mit draufgeht und nicht wie Dr. Octopus sich in sein alter Ego zurückverwandelt.
Dieser Bösewicht brauchte die Verkleidung kaum, macht er Peter Parker doch schon in seiner menschlichen Form als Eddie Brock gehörige Schwierigkeiten, als sich die beiden um denselben Job streiten. In diesem Plot hat der in den Vorgängern immer für Lacher sorgende Chefredakteur (J.K. Simmons) seine Auftritte. Bis auf den ersten, bei dem der Charakter ins Lächerliche abdriftet, sind diese auch wieder einigermaßen humorvoll geworden. Allerdings weniger als bei den Vorgänger, was zum ernsten Gesamtbild des ganzen Films passt.
Anscheinend wollte Sam Raimi einen physiologisch wertvollen Film produzieren, leider hat er vergessen dass er mit Spider-Man in einem dafür unpassenden Genre unterwegs ist. Die Mischung aus Liebesfilm, Psychospiel und Actionfilm geht einfach nicht auf, die einzelnen Storyelemente sind uninspiriert zusammengesetzt, und kein Part weiß zu überzeugen.
Die romantischen Szenen sind langweilig, die humoristischen lächerlich, die Actionszenen schlecht gefilmt, und die psychologischen Momente überspitzt dargestellt oder sinnlos eingeworfen wie bei dem Kurzauftritt von Stan Lee.
Hoffentlich heiraten Peter und Mary Jane im vierten Teil und Tante May geht zu ihrem Ben, damit sich Spider-Man wieder dem widmen kann, wem sich ein Superheld widmen soll, seinen Gegenspielern!