Bewertung und Kritik von
Filmfan "Fenolin" am 26.02.2014Schleppende drei Stunden inszeniert man diese eher spannungsarme Pilgerreise. Ich kenne das Buch nicht, aber habe den Film mit jemanden gesehen, der es gelesen hat und es als eindeutig besser und spannender empfunden hat und dem auch einige Abweichungen aufgefallen sind.
Nun kann man in einem Film nie das ganze Buch umsetzen, aber zumindest sollte man dabei die besten Elemente zeigen.
"Die Pilgerin" wirkt leider im Vergleich zu manch anderen historischen Produktionen schon recht schwach. Die Hauptkritikpunkte:
Die Schauspieler und Charaktere
Mal ehrlich, hier überzeugt keiner so richtig. Alle wirken eher hölzern, steif und zeigen kaum glaubwürdige Emotionen. Die Protagonistin bleibt blaß und ihre schwache Mimik macht es nicht besser, und daß sie als junger Mann durchgeht, nur weil sie kurze Haare hat und sich in einen Mantel hüllt, wirkt alles andere als glaubhaft. Aber auch die anderen Darsteller bekleckern sich hier nicht mit Ruhm. Dietmar Bär hat einen kurzen und schwachen Auftritt, bevor er den Rollentod stirbt. Teilweise hat man schon den Eindruck, es handelt sich bei einigen um Laiendarsteller.
Wobei auch die Charakterzeichnung schlecht ist. Man beschränkt sich hier auf die typischen Abziehbilder des Mittelalterfilms, tumbe und unflätige Kerle in der Kneipe, fanatische Gottesmänner und Frauen, die im einen moment kokett-unterwürfig dreinschauen, im anderen gegen die Unterdrückung aufbegehren.
Insgesamt schafft es keiner der Darsteller, einen wirklich mitzureißen. Egal ob nun jemand heimtückisch ermordet wird oder andere eigentlich wichtige Dinge passieren - die oberflächlichen Charaktere lassen einen weder mit ihnen mitfiebern noch rufen sie Abneigung hervor. Sie lassen einen insgesamt einfach kalt. Böse Charaktere sind einfach so überzeichnet, daß man sie kaum ernst nehmen kann und wirken zuweilen schon eher lächerlich, z.B. der Herzog im Gruftie-Look und der fanatische "Schmerz"-Pilger(ein Tip: Es wirkt nicht psychopathisch, sondern eher unfreiwillig komisch, wenn ein Schauspieler einen Gesichtsaufdruck irgendwo zwischen Debilität und vermeintlichem Wahn aufsetzt).
Der im Buch hingegen tatsächlich verschlagene und listige Otfried wird hier als depressiv wirkender Schwächling dargestellt.
Die Dialoge
Leider schmälern auch diese die Spannung und Wirkung des Films. Man kann diese oft schon als Genuschel bezeichnen und wirklich authentisch wirken sie auch nicht. Ich weiß nicht, ob es so gewollt war oder ob die Schauspieler über Nacht ihre Sprechausbildung von der Schauspielschule vergessen hatten.
Wenn die Regie diese schon oft überzogen flapsigen Dialoge so gewollt hat, dann ein klarer Fehlgriff.
Die Handlung
Hier hätte dem Film eine Kürzung gut getan, weiterhin hätte man sich bei der Handlung an die interessanteren Dinge der Buchvorlage halten können, stattdessen gibt es hier die üblichen Szenen nach Schema F, die man so schon x-mal gesehen hat. Vom eigentlichen Zweck der Reise - das Pilgern! - wird gar nichts gezeigt, keine Einkehr in Pilgerstuben, Klöster und was dort so im Buch erlebt wird. Stattdessen sieht man die Truppe durch die Landschaft stapfen, ohne daß ein richtiger Sinn erkennbar wäre und die paar Ereignisse, die man zeigt, wissen nicht zu überzeugen. Egal ob die Pilger nun überfallen werden oder andere Widrigkeiten das Vorankommen behindern, es baut sich kaum Spannung auf, da man immer weiß, daß sie trotzdem irgendwie da rauskommen und es schaffen werden. Am Ende gibt es eine eher kurze Auflösung des halbgar inszenierten Intrigenspiels in der fiktiven schwäbischen Stadt und das war es dann auch schon. Wirklich drastische Szenen gibt es hier auch nicht, es gibt keine Nacktheit und deutlichen Sex(was jetzt nicht heißt, daß nur Filme damit gut sind, aber es hätte im Kontext auch gepaßt) und die Gewalt inklusive Morde sind harmlos und (nicht nur) im Wortsinne blutleer inszeniert.
Das Szenario
Wirklich mittelalterlich wirkt das alles auch nicht. Da reichen auch nicht ein paar Szenen von hektischen Marktplätzen und Häusern, die trotz der bemühten Ausstaffierung mit allerhand Geschirr, Bettbezügen und Holztischen zu steril und unauthentisch wirken. Die Darsteller sind auch immer alle sauber und tragen ordentliche Kleidung, die trotz Märschen durch Sumpfgebiet usw. nicht verschmutzt. Und Kreuzritter im 14. Jahrhundert, die zudem auch noch aus Spaß mordende Fieslinge sind - damit disqualifiziert sich der Film endgültig als authentisch.
Was anfänglich nervt, aber zum Glück später gelassen wurde, ist die Verwendung der Wackelkamera. Die Bildschärfe ist für eine BluRay übrigens nicht sonderlich bemerkenswert und kaum besser als von einer DVD.
Fazit:
"Die Pilgerin" ist insgesamt ein eher schwaches Werk, zwar kein Totalreinfall, aber zu blaß und unauthentisch inszeniert. Nachdem das ZDF z.B. mit "Borgia" bewiesen hat, daß man solche Historienumsetzungen auch deutlich besser hinbekommt, wirkt "Die Pilgerin" im Vergleich schon nahezu anachronistisch.
Schade um den an sich guten Stoff als Vorlage, aus dem man weitaus mehr hätte machen können als solch einen faden Film. Diese dreistündige Pilgerreise kann ich somit nur sehr bedingt empfehlen.
ungeprüfte Kritik