Polen im Aufbau, Polen im Umbruch. Kieslowskis früher Spielfilm 'Die Narbe' erzählt von der Errichtung eines Chemiekombinats am falschen Ort, mit skupellosen Lokalpolitikern und entmündigten Anwohnern. Und von dem schwierigen Versuch eines Einzelnen, auch da Haltung zu bewahren und feinfühlig zu handeln, wo man das Spiel nur verlieren kann...
'Die Narbe' (1976) "beginnt wie ein Mafia-Thriller", so das Kino-Kunstmuseum Bern, "schwarze Limousinen, Bodyguards, ein abgelegenes Waldstück. Doch es geht nicht um eine Abrechnung zwischen feindlichen Clans, sondern um ein neues sozialistisches Bauvorhaben und seine Spätfolgen. In diesem ungewöhnlichen Spielfilm brilliert Franciszek Pieczka mit der phantastischen schauspielerischen Leistung als Direktor, der sich - zunächst zögernd - für die Arbeiter und gegen das System entscheidet." Tatsächlich, der Ingenieur Stefan Bednarz wird zum Leiter eines Chemiekombinats berufen, das durch ehrgeizige Lokalpolitiker ebenso schlecht geplant ist wie es auf den renitenten Widerstand der Anwohner stößt. Der Konflikt ist unausweichlich, eine Lösung nicht in Sicht. Krzysztof Kieslowskis 'Blizna', so der polnische Originaltitel, ist ein wunderbar unaufgeregter Film, in dessen sensiblen Bildern sich bereits die ökologischen und politischen Katastrophen abzeichnen, auf die nicht nur das Polen der siebziger Jahre zusteuerte. Und mittendrin der aussichtlose Versuch eines Einzelnen, Verantwortungsbewusstsein, Haltung und praktische Vernunft zu retten. "Sozialistischer Realismus gegen den Strich.", sagt Kieslowski.
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