Die beiden 14-jährigen Klosterschülerinnen Anne (Jeanne Goupil) und Lore (Catherine Wagener) interessieren sich nicht sonderlich für das, was Mädchen ihres Alters normalerweise so umtreibt. Statt sich mit so profanen Dingen wie Jungs abzugeben, lesen sie nachts lieber heimlich unter der Bettdecke die Werke von Lautréamont und Baudelaire und huldigen - ganz dem verführerischen Reiz des Verbotenen erlegen - hingebungsvoll ihrer einzig wahren Liebe: dem Teufel. Angefacht von ihrer Leidenschaft für das Böse und dem Plan, ihrem Liebsten zu imponieren, um sich ihm bei einem Hochzeitsritual vollends hingeben zu können, beginnen die beiden in den Sommerferien, den Männern aus ihrem Dorf gemeine Streiche zu spielen. Was als Spiel aus Verführung und Demütigung beginnt, gerät aber zusehends außer Kontrolle...
Joël Sérias Debütfilm 'Mais ne nous délivrez pas du mal - Und erlöse uns nicht von dem Bösen' wurde kurz nach seiner Premiere in Frankreich wegen Blasphemie vorübergehend verboten. Sehr lose basierend auf dem Mordfall Pauline Parker und Juliet Hulme von 1954, der auch Peter Jackson 1994 als Vorlage für 'Heavenly Creatures - Himmlische Kreaturen' diente, ist 'Und erlöse uns nicht von dem Bösen' ein ungeniert offener Film über fehlgeleitetes sexuelles Erwachen. Doch auch wenn Séria keinen Hehl aus seinem Antikatholizismus macht und ziemlich offensiv die nackten Reize seiner beiden Hauptdarstellerinnen zur Schau stellt, gelingt ihm durch seine souveräne Regie ein heikler Spagat zwischen Exzess und Gesellschaftskritik, der aber immer wieder auch zarte Töne anschlägt. Der Film ist intelligent ohne prätentiös zu sein, er ist ernst und er unterhält auf hinterhältige Art und Weise. Als hätten Claude Chabrol, Jean Rollin und Luis Buñuel die Köpfe zusammengesteckt, um einen Exploitationfilm fürs Arthousekino zu drehen. Ein tragisch-schöner Geniestreich und eine hinreißende Ode an die Verderbtheit.
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