Ein scharfsichtiges Duell zweier starker Frauenfiguren: Agnes (Corinna Kirchhoff) kommt nach Berlin, um ein totes Mädchen zu identifizieren. Die Polizei glaubt, in der Leiche ihre weggelaufene Tochter gefunden zu haben - eine Fehlmeldung. Angetrieben von der Hoffnung, Lydia zu finden, bleibt Agnes in der Stadt und trifft bei ihrer verzweifelten Suche auf die Streunerin Ines (Kathleen Morgeneyer), die mit penetranter Selbstverständlichkeit in ihr Leben eindringt, als ob es das ihre sei. Gibt es eine Verbindung zwischen der Fremden und ihrer Tochter Lydia (Dzamilja Anastasia Sjöström)?
Regisseurin Maria Speth über ihren Film 'Töchter' (2014): "Am Ende der Dreharbeiten meines Films 'Madonnen' drückte mir jemand ein Buch in die Hand. Das hatte den Titel 'Dann hau ich eben ab'. Gespräche mit Eltern, deren Kinder von zu Hause abgehauen waren. Das Buch sollte mich animieren, einen weiteren Film mit der damals zwölfjährigen Darstellerin der Fanny aus 'Madonnen' zu machen. Monate später fing ich dann an, in Berlin im Milieu von Straßenkindern und obdachlosen Jugendlichen zu recherchieren, und traf auf eine junge Frau, deren Energie und Trotz mich an Fanny erinnerten. Eine, die sich selbst als Künstlerin sah. Aber sich dem Kunstbetrieb verweigerte. So wie sie sich generell den Leistungsanforderungen dieser Gesellschaft verweigerte. Obwohl sie auf Grund ihrer Intelligenz und ihrer Fähigkeiten bestens geeignet gewesen wäre, diese Ansprüche zu erfüllen. Aggressiv vorgetragene Gesellschaftskritik in jeder Form war ihre Lieblingsattitüde. Eine Schmarotzerin aus Überzeugung. Diese Gesellschaft produziere so viel Überfluss. Es sei nur gerecht, daran zu partizipieren. Eine mögliche Geschichte der Fanny fortzuschreiben, interessierte mich. Unmöglich jedoch, ohne die Figur der Mutter. Und die Mütter der Straßenkinder sind nicht notwendigerweise arbeitslos und wohnen im Märkischen Viertel. Sie arbeiten auch als Lehrerinnen. Für Deutsch und Geschichte, zum Beispiel. An einem humanistischen Gymnasium in einer hessischen Kleinstadt. Sehr bürgerlich, sehr normal, sehr geregelt. Aber sie weigern sich, zu sprechen. Über den Makel. Die Schuld. Und die Scham. 'Das Wichtigste im Leben sind die eigenen Gefühle. Wenn das nicht beschädigt würde, wäre man ein Leben lang ein phantastischer Mensch. Wenn man etwas fühlt, dann ist es wahr.' (John Cassavetes) Der erste Ort der Beschädigung ist die Familie. Die Familie ist diese Gesellschaft in ihrer kleinsten Organisationsform. Alles, was das Leben der Gesellschaft bestimmt, bestimmt auch das der Familie und umgekehrt. Aber die Beziehungen in Familien sind nicht nach öffentlichem Gesetz und Ordnung geregelt. Deshalb sind die Verhältnisse liebevoller oder brutaler und rücksichtsloser. Agnes und Ines, die beiden Hauptfiguren meines Films, tragen ihre familiären Verletzungen mit sich, als sie sich begegnen. Als Mutter und als Tochter. Mit der Chance, sich in diesen Rollen anders zu erfahren. Oder sich zu wiederholen."
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