Brothers-Bloom-Filmkritik

Lug und Trug: Willkommen bei den 'Brothers Bloom'

Brothers-Bloom-Filmkritik: Lug und Trug: Willkommen bei den 'Brothers Bloom'
Brothers-Bloom-Filmkritik: Lug und Trug: Willkommen bei den 'Brothers Bloom'
   17.01.2013
"Es gibt jede Menge Geschichten über Schwindler. Und ich glaube, ich kenne sie alle. Über Betrüger, Bauernfänger und Falschspieler kursieren jede Menge Erzählungen. Aber wenn aus dem dicken Wälzer der Hochstapler-Geschichten eine ein Lesezeichen verdient hat, dann sicher die von Penelope und den Gebrüdern Bloom." So führt ein Erzähler uns in den zweiten Kinofilm von Rian Johnson ein.
Von Brick (2005) zu Brothers Bloom (2008), von einer High-School-Detektivgeschichte nach Motiven aus Kriminalromanen von Dashiell Hammett zu einer Gaunerkomödie nach Figuren des irischen Autors James Joyce. Von einer halben Million Dollar Budget im Jahr 2005 zu 20 Millionen Dollar Produktionskosten in 2008. Von den damaligen Newcomer-Darstellern Joseph Gordon-Levitt und Nora Zehetner zu den Oscar-Preisträgern Adrien Brody und Rachel Weisz.

Eine sanfte Überleitung zu seinem neuen Film um die Gebrüder Bloom, der auf dem Papier noch 'Penelope' hieß, schafft Johnson gleich zu Filmbeginn durch zwei winzige Gastauftritte der Darsteller aus Brick, Gordon-Levitt und Zehetner. Und was folgt dann?

Von Brick zu Bloom

Was hat dieser Sprung uns Zuschauern gebracht? Nun, es kommt erst einmal darauf an, welche Gattung Film Sie mögen. Brick war eine skurrile Kriminalgeschichte im beschaulichen kalifornischen San Clemente, eine Art Donnie Darko (2001) auf der Suche nach Laura Palmer in Twin Peaks (1990-91). Ein Neo-noir-Film mit vergleichsweise geringen Mitteln, jungen Darstellern, leergefegten Kleinstadtparkplätzen und comicartigen Charakteren.
Mit jedem Schlag, den der Protagonist Brendan einsteckt, wird man vor dem Fernseher hineingezogen in eine unwirkliche Welt in einer alltäglichen Teenager-Umgebung. Viele Déjà-vu-Filmsituationen und Klischees und trotzdem ein besonderer Film, mit dem Autorenfilmer Rian Johnson (Jahrgang 1973) auf zahlreichen Festivals gefeiert wurde.

Johnson hat sich mit seinem Kino-Erstlingswerk und einer schlichten wie merkwürdig faszinierenden Erzählweise einen Namen gemacht, der jetzt Prominenz aus der Schauspielbrache anzieht: Mark Ruffalo und Adrien Brody als Ganovenbrüder, die sich schon in jungen Jahren als Waisenkinder einen Sport und einen Nebenverdienst für Eis am Stiel daraus machen, ihre Mitmenschen durch ausgeschmückte Abenteuergeschichten auszunehmen. Stephen Bloom im Erwachsenenalter:

"Ich hab in meinem Leben schon 'ne Menge Leute vorgeführt. Ich hab Eis an Eskimos verkauft und Sand an Araber."

Doch für die Blooms ist der beste Betrug erst dann gelungen, wenn alle Beteiligten glücklich aus der Geschichte herauskommen. Leider plagen den von Brody gespielten Bruder Gewissensbisse und die Sorge, nie die eigene Identität ausgelebt zu haben, stattdessen immer nur Teil einer Story, eines Plans des Bruders gewesen zu sein und ausgerechnet jetzt will Stephen Bloom (Mark Ruffalo) auch noch mit dem Vorsatz brechen, keine Frauen zu betrügen: Die hübsche aber einsame Millionärin Penelope (Rachel Weisz) soll das nächste "Opfer" der zwei Lügenbarone werden...

Bringen die Blooms Aufschwung bei den Weinsteins?

Die Brothers Bloom wurden von der vielseitigen Weinstein Company produziert, der in New York City stationierten Produktionsfirma der Brüder Harvey und Bob Weinstein, um die sich zum Zeitpunkt der DVD-Veröffentlichung (im Januar 2010) immer häufiger Schließungsgerüchte ranken. Die Blooms haben sicherlich zu keinem Aufschwung in den Weinstein-Kassen beigetragen, wohl aber zu Stimmungsaufschwung beim Publikum.

Denn Drehbuchschreiber und Regisseur Rian Johnson merkt man in jeder Szene an, dass er Spaß daran hat, Geschichten zu erzählen. Jede Einstellung, jeder Schnitt springt schon wieder zu einem neuen Einfall.
Bei Brick musste er noch darauf achten, dass die Verspieltheit mit den filmischen Mitteln und Möglichkeiten nicht das karge Gerüst eines coolen Noir-Krimis umzublasen. Bei den Brothers Bloom hingegen kann er schon in den ersten Minuten richtig loslegen, so erfinderisch und ausgeschmückt wie der Franzose Jean-Pierre Jeunet 2001 bei Die fabelhafte Welt der Amélie.
Eine Erzählerstimme, Schrifteinblendungen, die mit Bildschwenks mitgehen, das Einfrieren eines Filmbildes oder ein Sprung zurück in der Handlung: Johnson erzählt uns eine Geschichte über Geschichtenerzähler. Und wir erinnern uns - nicht nur wegen des ähnlichen Filmtitels - an die Begegnung mit den Brothers Grimm (2005) von Terry Gilliam.

Während sich die 105 Minuten der Brothers Grimm vor uns abspielen, hoffen wir innerlich, dass der Bloom'sche Regisseur nicht wie in Gilliams Fall mit den Gebrüdern Grimm (Matt Damon und Heath Ledger) dermaßen über die Stränge schlägt. Doch es kommt ganz anders, denn mit der Sinnkrise des einen Blooms (Brody) und mit dem Auftritt von Penelope (Weisz) kommt alles ganz anders als gedacht.
Das unterhaltsame Erlebnis mit schrägen Filmcharakteren zu empfehlen, ist so eine Sache. Wir sind vorsichtig geworden, wenn wir an den Happy-Go-Lucky (2008) Kinobesuch zurückdenken und an eine völlig entnervte Bekannte, oder an eine frühere Arbeitskollegin, die schon nach der Einleitung von Juno (2007) im Kinosessel frustriert zu fluchen begann.
Versponnene Figuren sind eben nicht jedermanns Sache. Da wir Sie als Leser nicht persönlich kennen, halten wir uns mit unbedingten Ausleih-Empfehlungen zurück. Wir wollen nicht hochstapeln.

Mit der DVD der Brothers Bloom steht für Sie auf jeden Fall eine überraschende Abenteuergeschichte mit reizvollen Schauplätzen bereit, bei der Rian Johnson immer mit den Hochstaplereien der Blooms mithalten muss und das Drehteam sogar ganze Sehenswürdigkeiten in Prag absperren durfte. Eine Komödie, die trotz vieler Betrügereien, trotz Lügen und Betrügen, zwei charmante Blooms und eine vor Lebensfreude aufblühende Penelope bietet, dazu Robbie Coltrane und Maximilian Schell in Nebenrollen.
Auch die Japanerin Rinko Kikuchi, die 2007 für Babel eine Oscar-Nominierung erhielt, ist in ihrer pantomimischen Rolle der 'Bang Bang' ein Highlight. Mark Ruffalo wurde sogar für seine Rolle des Stephen Bloom von der International Press Academy in Los Angeles für einen Satellite Award als bester Darsteller nominiert und Regisseur Rian Johnson wurde im gleichen Jahr auf dem Stockholm Film Festival nominiert.

Gute Vorbilder und hinreißend verdorben

Übrigens: Rian Johnsons Vorbilder sollen nach eigener Aussage die Hochstapler-Klassiker Der Clou (1973 mit Robert Redford und Paul Newman) und Zwei hinreißend verdorbene Schurken (1988 mit Steve Martin und Michael Caine) gewesen sein.

Noch eindeutigere Bezüge fügte Johnson aus einem Roman des Schriftstellers James Joyce ein: 'Ulysses'. Die literarischen Figuren des in Dublin lebenden Leopold Bloom, des Lehrers Stephen Dedalus und Blooms Frau Molly, genannt Penelope, standen Pate für die drei Filmprotagonisten.
Zum Glück hat Rian Johnson die Verstiegenheit des Buches nicht übernommen, keine Sorge! Denn so sehr die Blooms auch betrügen, um zwei Stunden seines Lebens wird man bei einem amüsanten Filmabend mit den Brothers Bloom ganz bestimmt nicht betrogen.

Die Gebrüder Bloom von Regisseur Rian Johnson:

Brothers Bloom

Die Geschichte vom fast perfekten Plan.

Brothers Bloom

Die Geschichte vom fast perfekten Plan.
Komödie

Willkommen in der Welt der 'Brothers Bloom', in der Täuschung als Kunstform gilt und nichts so ist, wie es scheint. Im Laufe der Jahre und in geschwisterlicher Teamarbeit perfektionierten die beiden Brüder ihr Handwerk als Trickbetrüger - und sind nun...  mehr »

Produktion:
2008
Medien:
DVD, Stream
Freigabe:
FSK 12
Bewertung:

Rian Johnson und Joseph Gordon-Levitt in einer alten und einer neuen Kooperation:

Brick

Thriller

Brendan Frye (Joseph Gordon-Levitt) ist Einzelgänger aus Überzeugung an seiner High-School in Südkalifornien. Ein einziger Anruf reicht aus, seine sauber geordnete Welt aus dem Gleichgewicht zu bringen. Seine Ex-Freundin Emily bittet verzweifelt um Hilfe - und...  mehr »

Produktion:
2005
Medien:
DVD
Freigabe:
FSK 16
Bewertung:

Looper

Von der Zukunft gejagt. Von der Vergangenheit verfolgt.

Looper

Von der Zukunft gejagt. Von der Vergangenheit verfolgt.
Science-Fiction

Man nennt sie 'Loopers'. Sie sind die gut bezahlten Auftragskiller einer verbrecherischen Organisation in der Zukunft, in der Zeitreisen zwar möglich, aber illegal sind. Das Syndikat nutzt die Technologie und beseitigt seine Opfer, in dem es sie dreißig Jahre...  mehr »

Produktion:
2012
Medien:
DVD, Blu-ray, Stream
Freigabe:
FSK 16
Bewertung:
Rachel Weisz in ''Brothern Bloom' © Senator Film 2008
Rachel Weisz in ''Brothern Bloom' © Senator Film 2008

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