Jack (Adrien Jolivet), der halbwüchsige Sohn von Lisa (Maryline Canto) und Frans (Olivier Gourmet), liegt nach einem Skiunfall in einem Krankenhaus in den französischen Alpen. Da keine Versicherung seinen Rücktransportiert übernehmen will, machen sich die beiden geschiedenen Eltern aus Brüssel auf, um ihn zurückzuholen. Seit fünfzehn Jahren leben die etwas chaotische Lisa und der halsstarrige Frans ihr eigenes Leben, aber die Liebe zu ihrem Sohn schweißt sie wieder zusammen. Auf der Fahrt hin und zurück erinnern sie sich an früher und werden wieder neugierig aufeinander. Eine Familie aus drei eigenständigen Menschen, vom Leben getrennt, aber in Zärtlichkeit verbunden...
Regisseurin Marion Hänsel über ihren Film 'Zärtlichkeit' (2013): "Ich wollte eine einfache, lineare Geschichte schreiben, die sich an zwei Tagen ereignet. Eine Geschichte, die von Menschen wie du und ich handelt. Zufriedene Menschen, die, wie wir alle, kürzere und längere Phasen von Schmerz und Traurigkeit erleben. Außerdem wollte ich humorvoll über Eltern-Kind-Beziehungen sprechen, ohne die großen intergenerationalen Krisen. Ich hatte viele Filme über Trennungen gesehen, die hässlich enden. Männer und Frauen, die einander geliebt hatten, die Kinder aufzogen, und die - kaum dass sie sich getrennt hatten - anfingen, sich zu hassen, sich zu verletzen und sich aus dem Wege zu gehen. Mir kam das seltsam vor. Hatten sich all diese Menschen geirrt? Wie kann sich Liebe derartig in ihr Gegenteil verkehren? Mir fehlte ein Film, der von einer erfolgreich verlaufenden Scheidung erzählt, nach der sich die Partner nach wie vor unterstützen, einander Wertschätzung entgegenbringen, sich immer noch lieben. 'Zärtlichkeit' zu schreiben, als Mix aus romantischer Komödie und Roadmovie, war eine neue Erfahrung für mich. Die Geschichte spielt sich während der Autofahrt eines Paares ab. Die Landschaft, die Natur spielen eine bedeutende Rolle dabei. Meine vorherigen Filme waren ruhig, introvertiert. In 'Zärtlichkeit' reden die Figuren, teilen. Die Dialoge sollten leicht sein, manchmal bissig, manchmal witzig. Ich wollte, dass die Zuschauer davon berührt, aber auch zum Lächeln gebracht werden. Der Stil des Films ist klar und einfach. Eine diskrete Kamera, die so tut, als sei sie gar nicht da. Es ist nicht so einfach, im Auto zu filmen - es fehlt die Distanz und nur wenige Bewegungen sind möglich. Ich habe mich für den Wechsel von verschiedenen Nahaufnahmen entschieden, von Gesichtern, von Händen auf dem Steuerrad, von Feuerzeug und Zigarette. Frans’ Blicke sind konzentriert, Lisas verträumt und fragend, kombiniert werden sie mit weiten Einstellungen auf das Auto in der Landschaft. Ein gutes Beispiel für diesen Stil alternierender Einstellungen ist der russische Film Stille Seelen von Alexei Fedortschenko. Nicht zufällig habe ich genau dieses Winterport-Ressort ausgewählt: Flaine in den französischen Alpen, gebaut in den 1970ern von Marcel Breuer, seinerzeit revolutionär. Komplett aus Sichtbeton gebaut, mit der zentralen Eislaufbahn und den metallenen Treppen, die die verschiedenen Ebenen verbinden. Skulpturen von Picasso, Vasarely und Dubuffet. Heute scheint es schlecht gealtert und wirkt wie ein UFO. Es gibt keinerlei nostalgischen Charme dabei, keine Holzschlösser, keine kleinen Savoyendörfer mit einer Kirche in der Mitte. Eigenartigerweise bringt aber gerade der Kontrast zum grauen Sichtbeton die Schönheit der Berge und der natürlichen Umgebung besonders gut zur Geltung. Der Soundtrack besteht eigentlich nur aus der Musik, die im On im Auto gespielt wird. Klassische Musik auf dem Hinweg, Weltmusik auf dem Rückweg. Ein wenig Originalmusik wurde von René-Marc Bini im Country-Folk-Stil beigetragen. Das Team bestand nur aus Freunden. Es gab keine Veranlassung, auf die Menschen zu verzichten, mit denen ich schon so lange so eng zusammenarbeite: Jan Vancaillie und Didier Frateur (Kamera), Henri Morelle (Ton), Michèle Hubino (Schnitt), Jan Tax (Kostüme), Dominique Guerrier (Regieassistenz), Thierry Leproust (Szenenbild), René-Marc Bini (Musik), Monique Marnette (Produktionsleitung). Eine besondere Freude war es, mit zwei so renommierten und talentierten Schauspielern wie Marilyne Canto und Olivier Gourmet zu arbeiten. Das Storyboard entstand, wie immer bei mir, ein oder zwei Monate vor Drehbeginn, am Drehort. Der Prozess ist ein Schreiben in Bildern. Regieführen ist für mich keine intellektuelle Arbeit, sondern physisch, organisch. Ich bewege mich in den Sets, sehe durch den Kameraausschnitt, probiere verschiedene Blickwinkel aus, nehme die unterschiedlichen Perspektiven der Figuren ein, überlege, welcher Dialogsatz in welches Bild passt und wann wir zum nächsten Bild weitergehen. Ich möchte, dass 'Zärtlichkeit' ein Feel-Good-Movie ist. Ein Film, der die Zuschauer glücklich macht, auch wenn die Geschichte manchmal nostalgisch eingefärbt ist."