Drama
Bewertung und Kritik von
Filmfan "GregorSamsa" am 20.06.2008Schwieriger Film. Man sollte vielleicht wissen, dass er die gleichnamige Novelle von Haruki Murakami in eine hochästhetische Bildsprache überführt – und dass beides, sowohl die Erzählung als auch der Film in starker Kafka-Tradition stehen. Fast alles, was der Film in seinen langen Kameraeinstellungen zeigt, ist Ausdruck innerpsychischer Vorgänge und entsprechend als Metapher für Inneres zu "lesen".
Die vielen Kleider, die sich Tonis Frau anschafft, sind etwa eine Metapher für die Hüllen, mit denen wir uns im Leben einrichten (nach dem Motto "Mein Haus, mein Auto, mein Boot"). Aber eben auch Dinge, die uns auch Sicherheit, Wärme etc. bieten, die man nicht ausschließlich negativ – als Luxusgüter deuten kann.
Toni selbst ist dazu vollkommmen unfähig. Er versteht es überhaupt nicht, sich im Leben "einzurichten", ist introviert ja schon autistisch. Er empfindet aber auch keinen Mangel – er genügt sich selbst. Er ist in diesem Sinne "rein" und "nackt" – was sich in seinen technischen Zeichnungen widerspiegelt, die perfekt und vollkommen sind, jedoch von den Betrachtern auch als "kalt" und steril" emfunden werden. Er braucht nichts "Künstliches", keine "Kleider", kein "Drumherum". Er ist der totale "Kopfmensch" (eigentlich: Geist), leiblos.
Umso mehr braucht er – ohne sich dessen bewusst zu sein – seine Frau und ihren Shoppingwahn. Den fehlenden Zugang zum Leben – zum Genuss, zu den Sinnesfreuden etc. – hält sie dadurch einen Spalt breit offen.
Kaum sagt er, sie kaufe zu viele Kleider, stirbt sie bei einem Autounfall (das Leben lässt sich nicht maßregeln). Nun hängen ihre Kleider alle in einem Zimmer und in langen Einstellungen steht Toni in diesem Zimmer und betrachtet die Kleider. Er vermisst seine Frau, indem er bemerkt, dass sie sein Anteil am Leben gewesen ist – dass all die Kleider erst durch sie eine Bedeutung bekamen.
Und dann macht er etwas Ungeheurliches. Er gibt eine Zeitungsinserat auf – und sucht eine Frau, die die Kleider für ihn anziehen soll...
Einzigartige Parabel darüber, dass man weder Menschen durch Dinge, noch Menschen, die man geliebt hat, durch andere Menschen, ersetzen kann.
Aber das ist nur ein Ansatz. Es steckt weitaus mehr drin.
John Houston hat interessanterweise kurz vor seinem Tod einen sehr ähnlichen Film gemacht. Er nahm eine Erzählung von James Joyce "Die Toten" und ließ da auch minutenlang eine Kamera durch leere Zimmer wandern.
ungeprüfte Kritik