Kritiken von "jurhadez"

Fahrt über drei Meere

Abenteuer
Bewertung und Kritik von Filmfan "jurhadez" am 31.10.2010
Ein Abenteuerfilm mit ein paar Märchenanteilen. Aber ein Märchen ist es jedenfalls nicht, denn den Kaufmann Affanassi Nikitin hat es wirklich gegeben. Und er war anscheinend wirklich der Erste, der allein den Landweg von Europa in das indische Kernland im 15. Jahrhundert geschafft hat. (Allerdings war Alexander der Große 1700 Jahre davor, im Jahr 326 v. Chr., schon bis kurz vor den Ganges gekommen - mit einer ganzen Armee.) Das war deshalb so schwer, weil der größte Teil der Strecke durch Wüsten und unbewohnte Gegenden führte, die von umherziehenden Banden beherrscht waren. Aber die größte Hürde war am Ende des langen Wegs der Himalaja und seine Ausläufer, an dessen Kältebarriere selbst die noch gescheitert waren, die Wüsten und Räuber überstanden hatten. Man kann also gut verstehen, dass die Russen ihrem Marco Polo ein filmisches Denkmal setzen wollten.
Der eigentliche Wert dieses Films besteht aber in etwas ganz anderem. Er zeigt uns Europäern so ganz nebenbei fast spielerisch indischen Alltag, Gastfreundschaft und die Herzenswärme der einfachen Menschen, die man ansonsten erst mitbekommt, wenn man dort ist. TV-Berichte und Hollywood können das seltsamerweise nicht. Und dank der "Bollywood"-Anteile dieser Koproduktion ist er auch noch bestens geeignet, das Samenkorn der indischen Musik in das Musikzentrum eines europäischen Gehirns zu pflanzen und es gleich kräftig wachsen zu lassen. Ich bin ein Beispiel dafür, denn ich habe den Film mit 11 zum ersten Mal gesehen und indische Musik hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Einfach genial die Szene mit der Palasttänzerin, in der man innerhalb von Minuten begreift, was bei diesen klassischen Tänzen da auf der Bühne passiert.
Ansonsten ist es aber hauptsächlich ein Abenteuerfilm mit all den Handlungssprüngen und theatralischen Momenten, wie wir sie von jeder Hollywood-Produktion kennen. Nur eben nicht nach amerikanischer, sondern nach russischer und indischer Manier. Und der Märchenanteil? Der besteht wohl darin, dass im 15. Jahrhundert entweder Affanassi fließend und akzentfrei alle 120 Sprachen und 550 Dialekte Indiens oder jeder Tagelöhner oder Bauer in Indien fließend und akzentfrei Russisch gesprochen hat. Aber solche logischen Fragen hat man sich bei einem bunten Abenteuerfilm nicht zu stellen.

ungeprüfte Kritik