"Jeden Stunt, den man sich vorstellen kann, gibt es in Zwölf Runden." Ist dieses Resümee von Stunt-Koordinator Wally Crowder für Sie Grund genug, sich den neuen Film des inzwischen schon dreißig Jahre im Filmgeschäft tätigen Regisseurs Renny Harlin auszuleihen?
Vielleicht sind Sie auch neugierig, wie sich WWE-Wrestling-Star John Cena in seiner zweiten Action-Hauptrolle schlägt?
Reißenden Absatz hat Zwölf Runden (USA 2009) im Verleih bisher nicht gefunden. Woran mag das liegen?
Die Muskelprotze und die Blondine
An der Story? John Cena spielt den Polizisten Danny Fisher, der in die Verfolgungsjagd des Schwerverbrechers Miles Jackson (Aidan Gillen) verwickelt wird. Durch beherztes Eingreifen gelingt es ihm, Jackson zu stellen. Doch da eine weitere Person beim Zugriff weniger 'glimpflich' davon kommt, schwört der Festgenommene Rache:
"Ich werd' mich an Sie erinnern!" ("I'll remember you!")
Von der Wrestling-Arena ins Action-Spektakel
An der Produktionsfirma? Die WWE Studios zeigen Ihnen in diesem Fall die Filmrichtung an: Die in Los Angeles ansässige Firma des auf Wrestling spezialisierten Medienunternehmens World Wrestling Entertainment war in den vergangenen Jahren fleißig und brachte Actionfilme heraus, die genau in die Schublade von Zwölf Runden passen: Welcome to the Jungel (2003) mit Dwayne 'The Rock' Johnson, der auch die Hauptrolle im anschließenden Walking Tall - Auf eigene Faust (2004) übernahm.
In dem, nebenbei bemerkt Ashley Scott seine Partnerin spielt, ebenso wie in Zwölf Runden die von John Cena. Da scheint sich jemand in Gegenwart von Wrestlern sicher zu fühlen.
Dazu gesellten sich The Marine (2006) mit John Cena in seiner ersten Hauptrolle und der Lost-ähnliche Die Todeskandidaten (2006). Sie können sich also auch in den 'zwölf Runden' auf eines einstellen: Action.
An der Vermarktung? 20th Century Fox vermarktete den mit 22 Millionen Dollar budgetierten Zwölf Runden. Schon vor dem Filmstart bekommen wir im Werbevorspann für das Blu-ray Format sehr schön vorgeführt, welche Filmkracher uns dieses Studio bisher in digitaler Form serviert hat. Ob Zwölf Runden jemals in einem solchen Best-Of-Zusammenschnitt auftauchen könnte?
Das ist gar nicht mal so unwahrscheinlich, wie wir vor den 105 Filmminuten vermutet hatten. Zwar kann hier nicht mit allseits bekannten Gesichtern wie Bruce Willis oder Will Smith aufgetrumpft werden, dafür allerdings mit reichlich rasanten Sequenzen, die für eine Vorführung auf einer ordentlichen Heimkinoanlage wie geschaffen sind.
Action zum Kopfausschalten?
An den Filmvorbildern? Es wird wohl kaum eine Besprechung zu '12 Rounds' (Originaltitel) geben, die um einen Vergleich zu Stirb Langsam 3 (1995) herumkommt. Aber Renny Harlin sollten wir die Neuaufnahme der Drehbuchidee verzeihen, schließlich wurde er damals um den Nachfolger seines Stirb Langsam 2 (1990) gebracht, als der Regisseur des ersten Teils, John McTiernan, wieder im Regiestuhl Platz nahm.
Vielleicht möchten Sie sich im Anschluss an einen zwölf Runden dauernden Filmabend über die Logiklöcher der Geschichte aufregen, die völlig konstruierte Dramaturgie, billige Rückblenden, oder über wie nachträglich eingefügt wirkende Erklärungssätze zu Handlungsverläufen, die das Mitdenken überflüssig werden lassen. Dazu gibt Ihnen eine eigene Kritik bei Video Buster genügend Raum.
Sehen Sie über solche (nicht wirklich) nebensächlichen Dinge hinweg, werden Sie eine explosive Achterbahnfahrt erleben, die beim Anschauen an das Konzept von Speed (1994) erinnert: bloß nicht die Fahrt des Films stoppen!
Wenn Sie nämlich beispielsweise durch einen Telefonanruf aus dem 12-Runden-Fluss gerissen werden, fangen Sie in der Unterbrechung womöglich an, über das Gesehene nachzugrübeln, was für das Erlebnis nicht gerade förderlich ist. Aus der Achterbahn steigt man ja auch nicht vor dem Ende der Fahrt aus. Eine bewusste Anspielung auf Jan de Bonts Speed setzt Renny Harlin sogar gleich selbst ein, als ein Passagier nach einer lebensgefährlichen Fahrt sagt:
"Wir sollten von jetzt an mit dem Bus fahren."
Himbeere schlägt Oscar
Möchten Sie als Zuschauer in die Zwölf Runden einsteigen oder doch auf ein anderes Unterhaltungsvehikel setzen? Mit Oscar-Gewinnen kann Sie Renny Harlin leider nicht überzeugen, denn für Werke wie Ford Fairlane (1990), Cliffhanger (1993) oder Die Piratenbraut (1995) hat er stattdessen die negativen Pendants, die Goldene Himbeeren, kassiert.
Wir haben trotzdem ein Herz für ihn und freuen uns auf weitere leichte Filmkost von ihm, so wie in Zwölf Runden, wo er das gebeutelte New Orleans als Schauplatz teilweise wieder zerlegt. Nach jeder Karambolage möchte man für die Angestellten am Set hoffen: Renny räumt den Wagen auf.
Neben der Blu-ray bekommt man auf der DVD zwei kurze alternative Enden mitgeliefert, einen Audiokommentar von Hauptdarsteller John Cena und Autor Daniel Kunka, ein 'Crash-Kurs' Special über die Stuntvorbereitungen und ein Making-Of-Featurette über den 'Spass am Set', in dem Sie erfahren, wie Regisseur Harlin seine Mitarbeiter mit finnischem Wodka zu motivieren weiß.
Um zum Abschluss das Wort des Jahres 2009 zu benutzen: Würde der Cop Danny Fisher eine Abwrackprämie für all die geschrotteten Autos im Filmverlauf erhalten, wäre er ein gemachter Mann. Denn das Publikum kann in jeder der 'Runden' mit Blechschäden rechnen. Leider wird dazwischen hier und da auch Blech geredet. Als Schrott sollte man den Film jedoch nicht abstempeln, denn er ist bei weitem kein filmischer Totalschaden, auch wenn er in der Presse nicht gut wegkam.