Ruhm. Liebe. Schmerz.
Ich weiß nicht, wie viele Kritiker schon mal Wrestling im Fernsehen oder Live angesehen haben. Drum verstehe ich auch, dass so manch einer - mangels Hintergrundwissen - diesen Film nicht versteht und daher auch nicht mag.
Es gab Zeiten, da habe ich auf Premiere und im sogenannten Free-TV mehrmals die Woche stundenlang Wrestling gesehen, ob WCW, WWF, ECW oder wie sie alle heißen. Diese Männer sind Hochleistungssportler. Ob nun der Verlauf des Kampfes oder auch sein Ausgang weitgehen vorher abgesprochen sind, diese Kerle leisten im Ring mehr als ein Zehnkämpfer bei der Olypiade. Und das tun sie jede Woche - wenn's sein muss, auch mehrmals (ohne monatelange Klausur und Vorbereitung auf den entscheidenden Kampf). Ich habe gesehen, wie Männer - muskelbepackt und athletisch - mit einem Gewicht von 100 bis 120 kg (bei einer Größe von 180 bis 210 cm) doppelte Salti vom obersten Ringseil gesprungen sind, wie sie in Käfigkämpfen und Leiterkämpfen mehrere Meter abgestürzt und auf das Kommentatorenpult oder auf eine Absperrung gekracht sind. Da lässt sich nichts "faken", die Prellungen, Brüche, Zerrungen sind echt! Ich habe gesehen, wie Bret "Hitman" Hart versehentlich mit einem Tritt einen Kommentator getroffen hat und dieser Mann von Ärzten und Sanitätern umringt war und schließlich bewusstlos auf einer Trage abtransportiert wurde (wo ein Profiwrestler hintritt, wächst kein Gras mehr); nur seine Gegner wissen, wie sie parieren müssen, damit beiden nichts Ernsthaftes passiert. Ich habe Platzwunden, gebrochene Nasen, aus denen Blut geströmt ist, verrenkte Knie und vieles mehr gesehen, denn nicht alles kann man vorher festlegen und viele Risiken, die diese Männer eingehen, sind kaum kalkulierbar. Ich habe Kämpfe bei der ECW (Extreme Championship Wrestling) gesehen, bei denen die Ringseile mit Stacheldraht umwickelt waren.
Es ist ein verdammt hartes Brot! Diese Männer liefern wie moderne Gladiatoren ein Spektakel ab, das seinesgleichen sucht. Sie unterhalten uns und lassen sich dafür feiern.
Aber nur wenige schaffen den Weg zum Gipfel und zum Reichtum - meist nur dann, wenn sie Filme drehen und sich entsprechend vemarkten können: "The Rock" Dwayne Johnson oder Hulk Hogan. Auch die Megastars verdienen im Vergleich zu den gesundheitlichen Risiken nicht soooo viel und eine einzige Verletzung kann die Karriere beenden.
Selber schuld, könnte man sagen. Aber wer als Zuschauer die Atmosphäre der großen Arenen und der großen Kämpfe geschnuppert hat, der versteht, dass es für diese Männer das Leben ist. Wer Shawn Michaels, den Toy-Boy, gesehen hat, wie er sich von der Arena-Decke high-speed abseilt und quer durch die Halle fliegt, mit einem Sex-Appeal, der Universen sprengt, die Bühne entert und zu Hardrock-Rhythmen seine "Nuttenklamotten" strippt, bis nur noch eine hautenge Hose und Stiefel mit Fransen überbleiben, wem DA die Luft wegbleibt, der versteht, dass solch ein Moment auf der Bühne mehr ist, als die meisten von uns je in ihrem Leben haben werden.
Wie hat Shawn Michaels (einer der wenn nicht DER best aussehendste Mann im Wrestlinggeschäft) gesagt: "I will give you a show, you never ever have seen before. Why?! BECAUSE I CAN !!!"
Einer der glamourösesten Stars im Geschäft war Bret "Hitman" Hart. Man sollte die Doku über ihn ansehen. Desillusioniert, nachdem ihn die WWF - trotz gegenteiliger Absprache - um seinen Gürtel beschissen hat. Er erzählt, wie er trotz Rippenbrüchen aufreten MUSSTE, weil er sonst kein Geld verdient hat. Es gibt beim Wrestling keine Lohnfortzahlung und keine Krankenversicherung nimmt dich auf. Wenn du wie er vier Kinder hast und ein Haus abbezahlen musst, dann wirfst du dir ein paar Schmerztabletten ein und trittst an.
Keiner muss boxen, keiner muss westeln, aber wie traurig wäre es für viele von uns, wenn wir nicht unsere Helden hätten, die für uns in den Ring gehen und unsere Emotionen zum Kochen bringen. Kein noch so großer Boxkampf kann von der Atmosphäre und vom Glamour mit den Wrestling-Großereignissen mithalten (Anmerkung: ich sehe mir auch gerne Boxen an). Ich bin sicher, dass bei einem nicht abgesprochenen Kampf ein Weltklasse-Wrestler gegen einen Weltklasse-Boxer gewinnt: Weil sie vielseitiger, wendiger und härter sind.
Nun, endlich zurück zum Film:
Ein ehemaliger Superstar, der Zehntausende zum Kreischen gebracht hat, muss in schäbigen Turnhallen vor ein paar Dutzend Leuten auftreten - er kann einfach nicht loslassen. Seine "Karriere" als Wurstverkäufer kann ihm die Liebe und Bewunderung der Fans nicht ersetzen. Er ist eine "Rampen-Sau". Er geht so weit wie er kann, lässt sich mit einem Tacker malträtieren und schlitzt sich mit einer Rasierklinge auf, um den Zuschauern Blut zu bieten. Dann kommt seine letzte Chance: noch ein einziges Mal der Star zu sein, der Held - und wenn es ihn das Leben kostet.
Ein trauriger und doch schöner Film. Ich möchte nicht wissen, wie viele ehemalige Stars heute in der selben Situation sind.
Ein großartiger Mickey Rourke, der den Wrestler nicht gespielt sondern gelebt hat.
Danke für einen grandiosen und nachdenklichen Film über die Schattenseiten des Kampfsports. Ich hatte Gänsehaut und ich habe die knisternde Atmosphäre geschuppert.
ungeprüfte Kritik